Mehr Lebenszeit fürs Handy: Wie wir die Emissionen halbieren könnten

Mehr Lebenszeit fürs Handy: Wie wir die Emissionen halbieren könnten
Mehr Lebenszeit fürs Handy: Wie wir die Emissionen halbieren könnten
  • Hoher Ressourcenverbrauch: Informations- und Kommunikationstechnologien verursachen rund 8 % der CO2-Emissionen und verbrauchen wertvolle Rohstoffe wie Edelmetalle und Seltene Erden.
  • Emissionen halbieren: Verlängerte Nutzung auf 5-7 Jahre könnte Treibhausgasemissionen von Smartphones um 50 % senken; aktuell liegt die Nutzungsdauer durchschnittlich bei 2,5 Jahren.
  • Potenziale nutzen: Über 60 % der Konsumierenden sind offen für eine verlängerte Nutzung ihrer Handys oder für den Kauf wiederaufbereiteter Geräte.

In einer Welt, in der jeder Augenblick zählt und in der Vernetzung alles ist, haben Smartphones eine entscheidende Rolle in unserem täglichen Leben eingenommen. Jedes Jahr werden in Deutschland rund 20 Millionen Smartphones verkauft, wie Bitkom jüngst ermittelt hat. Doch dieser Massenkonsum belastet Umwelt und Klima erheblich. Eine Studie im Auftrag des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland zum digitalen CO2-Fußabdruck legt dar, dass rund acht Prozent der durchschnittlichen CO2-Emissionen Deutschlands durch Informations- und Kommunikationstechnologien verursacht werden. Der hohe Verbrauch wertvoller Rohstoffe, wie Edelmetalle und Seltene Erden, verschärft das Problem.

Das heute veröffentlichte Diskussionspapier „Circularity as the Service“ des Wuppertal Instituts, welches im Auftrag des Vodafone Instituts entstand, bietet erstmals eine ganzheitliche Perspektive auf den gesamten Lebenszyklus von Smartphones. Es zeigt Strategien auf, wie die Smartphone-Branche die Gerätelebensdauer verlängern und ihren ökologischen Fußabdruck reduzieren kann.

Längere Nutzungsdauer von Smartphones

Das Diskussionspapier untersuchte die Studien- und Datenlage rund um das Thema Lebens- und Nutzungsdauer von Smartphones. Dabei wurde das Potenzial einer verlängerten Nutzungsdauer deutlich: Eine durchschnittliche Nutzungsdauer von fünf bis sieben Jahre könnte die Treibhausgasemissionen von Smartphones um etwa die Hälfte reduzieren. Derzeit werden Smartphones in Deutschland nach durchschnittlich 2,5 Jahren ersetzt. Eine längere Nutzung würde den Bedarf an neuen Geräten deutlich senken, was sowohl ökonomische Vorteile für Verbraucher:innen sowie ökologische Vorteile bringt. Auch Konsumierende würden ihre Smartphones lieber länger nutzen. Laut Umfragen mit österreichischen Bürger:innen wünschen sie sich eine Lebensdauer von rund fünf Jahren.

Dr. Julia Reinhard, Researcherin im Forschungsbereich Digitale Transformation am Wuppertal Institut und federführende Autorin des Diskussionspapiers, betont: „Es lohnt sich, genauer hinzuschauen – denn der branchenübliche Lebenszyklus eines Smartphones orientiert sich bislang vor allem an den Zielgruppen von Tech-Begeisterten und Personen mit ausgeprägtem Sinn für Ästhetik.“ Gerade sie legen großen Wert auf neue Modelle und aktuelle Technologien. Doch andere Zielgruppen, wie Pragmatiker:innen, Nachhaltigkeits-Enthusiast:innen, preissensible Konsumierende und Langzeitnutzende, sind aufgeschlossener gegenüber einer längeren Nutzungszeit oder dem Kauf von wiederaufbereiteten Geräten. „Aktuelle Geschäftsmodelle schöpfen das Potenzial dieser Gruppen mit einem geschätzten Anteil von über 60 Prozent jedoch nur unzureichend aus“, moniert die Wissenschaftlerin.

Neue Geschäftsmodelle sind gefragt

Der Schlüssel zu einer längeren Nutzungsdauer von Smartphones liegt in der Anpassung der Geschäftsmodelle entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Laut der Umwelt-Produktdeklaration von Herstellern wie Apple entstehen rund 80 Prozent der CO2-Emissionen bereits in der Produktion. Hersteller sollten daher stärker auf Reparierbarkeit und Langlebigkeit setzen. Dies umfasst unter anderem das Design modularer Smartphones, die sich leichter reparieren lassen, und die Bereitstellung von günstigen sowie leicht zugänglichen Ersatzteilen. Nach Ansicht der Forschenden seien dafür auch Sicherheits-Updates über einen Zeitraum von mindestens sieben Jahren entscheidend. Diese liegen aktuell jedoch beispielsweise nur bei vier Jahren für Android und sechs Jahren für Apple-Geräte.

Kreislaufwirtschaft fördern und Smartphone-Lebensdauer verlängern

Kreislauforientierte Wirtschaftsmodelle sind essenziell, um die Lebensdauer von Smartphones zu verlängern. Dies umfasst den Ausbau von Reparaturdiensten und wiederaufbereiteten Geräten durch Einzelhändler und Telekommunikationsanbieter. Auch das professionelle Einsammeln und Recyceln von Geräten am Ende ihrer Lebenszyklen muss zum Standard werden, um die von Bitkom auf 210 Millionen geschätzten ungenutzten Handys in deutschen Schubladen zu bergen.

Appell für eine nachhaltige Transformation

Die Autor:innen des Diskussionspapiers sehen dafür vor allem die Industrie und Politik in der Pflicht, sich für eine nachhaltigere Nutzung von Smartphones einzusetzen. Strategien zur Verlängerung der Nutzungsdauer müssen bei Verbrauchenden und im gesamten Smartphone-System – einschließlich Hersteller, Dienstleistende und anderer Marktakteure – ansetzen. Nur so kann eine nachhaltige Transformation in der Produktion und Nutzung von Smartphones erreicht werden.

„Die Verlängerung der Nutzungsdauer von Smartphones bietet eine enorme Chance zur Reduktion der CO2-Emissionen und zur Schonung wertvoller Ressourcen. Als Vodafone Institut setzen wir uns dafür ein, dass die Branche diese Potenziale ausschöpft und die Nachhaltigkeit in den Fokus rückt. Es ist an der Zeit, Geschäftsmodelle neu zu denken und die Bedürfnisse der Konsumierenden in den Mittelpunkt zu stellen, um gemeinsam eine umweltfreundlichere Zukunft zu gestalten“, betont Christina Arens, Leiterin des Vodafone Instituts.

Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH

Das Wuppertal Institut ist ein umsetzungsorientiertes Forschungsinstitut für Nachhaltigkeits- und Transformationsforschung. Kernauftrag des 1991 gegründeten Wuppertal Instituts ist es, auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse einen Beitrag dafür zu leisten, die globalen Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf Transformationspfaden in eine klimagerechte und ressourcenschonende Zukunft. Dafür entwickeln die Wissenschaftler:innen System-, Ziel- und Transformationswissen und erforschen praxisnahe Leitbilder und Strategien für die Politik, Wirtschaft und Gesellschaft – auf lokaler Ebene, in Deutschland, in Europa und auf der ganzen Welt. wupperinst.org

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